Update: Seit 1. Januar 2020 gilt die neue Kleinunternehmergrenze von 22.000 EUR.
Egal ob frisch aus der Uni oder mit jahrelanger Erfahrung – es ist immer eine große Herausforderung all die Klauseln, Ausnahmen und Pflichten im deutschen Steuersystem zu verstehen.
Unsere Gastautorin Annika Verborg ist Redakteurin bei Klangbüro und Expertin für alle Steuerthemen speziell für selbstständige Musiklehrer. Ihre Software bietet ein umfangreiches Paket für alle, die die alltägliche Organisation von der Homepage bis zum Kalender und finanziellem Überblick in einem Tool vereinen möchten.
Heute erklärt sie uns, was es besonders für Musiklehrer bei der Umsatzsteuer zu beachten gibt.
Selbstständig sein – diese Art der Beschäftigung ist für viele Musiklehrer die flexible Lösung zur Ausübung ihrer Tätigkeit. Egal ob als Freelancer an einer Musikschule oder unabhängig mit eigenem Unterrichtsraum – Am Ende des Jahres wartet eine durchaus aufwendige Steuererklärung auf jeden.
Gerade dabei taucht oft die Frage nach der Umsatzsteuerpflicht auf. Einträge in Frageportalen und Foren dazu findet man viele, allerdings verliert man dort schnell den Überblick, da dort oftmals seitenlang Gesetzestexte interpretiert werden.
In diesem Artikel möchte ich euch so einfach wie möglich die verschiedenen Möglichkeiten für selbstständige Musiklehrer erklären und die wichtigsten Fakten dazu wiederzugeben.
Umsatzsteuer-Grundlagen
Die Umsatzsteuer ist eher als Mehrwertsteuer bekannt. Man trifft täglich auf sie, da damit Produkte verteuert werden. Sie beträgt in den meisten Fällen 19%, einige Produkte werden aber auch nur mit 7% versteuert.
Die Umsatzsteuer fällt dabei immer für den Endverbraucher an. Als selbstständiger Musiklehrer ist der Endverbraucher der Schüler, der die eigene Dienstleistung in Anspruch nimmt.
Die Umsatzsteuer ist eine Verbindlichkeit gegenüber dem Finanzamt. Sie ist dabei von dem Schüler zu bezahlen, da sie auf den Ausgangsrechnungen vermerkt wird.
Die Verantwortung der korrekten Abrechnung und die Abgabe an den Staat erfolgt über ein Passivkonto (Konto für Verbindlichkeiten), auf das der Betrag verbucht wird. Doch nicht jeden Musiklehrer betrifft dieser Ablauf…
Umsatzsteuerpflichtig: Was bedeutet das eigentlich?
Prinzipiell sind in Deutschland alle Produkte und Dienstleistungen in irgendeiner Weise umsatzsteuerpflichtig und damit auch der „Verkauf“ von Unterrichtsstunden. Aber wie immer gilt: keine Regel ohne Ausnahme. Denn einige Produkte oder Dienstleistungen können von dieser Steuer befreit werden.
Fakt ist, dass jemand der dieser Pflicht nicht unterliegt auch keine Umsatzsteuer vom Staat einfordern kann. Der wesentlichste Vorteil für ihn ist, dass er seine Dienstleistung um 19% günstiger anbieten kann.
Das bedeutet als Musiklehrer, dass der Stundenpreis deutlich geringer sein kann und trotzdem kein eigener Verlust entsteht.
Die Universal-Ausnahme
Unabhängig davon welche Art der Selbständigkeit man ausführt, kann für viele Berufseinsteiger die sogenannte Kleinunternehmer-Regelung interessant sein, um besonders zu Beginn der selbstständigen Tätigkeit einer Umsatzsteuerpflicht zu entgehen.
Beträgt der jährliche Umsatz im vergangenen Jahr weniger als 17.500 EUR und im laufenden Jahr (voraussichtlich) weniger als 50.000 EUR, muss keine Umsatzsteuer an den Staat abgeführt werden.
Wichtig ist hier, dass nicht von Gewinn, sondern von Umsatz die Rede ist. Damit sind also alle Einnahmen vor Abzug jeglicher Kosten gemeint.
Speziell für Musiklehrer gilt
Abgesehen von der Kleinunternehmerregelung, die speziell zum Start einer selbstständigen Tätigkeit eine große Entlastung darstellt, gibt es folgenden, sehr interessanten Absatz im Umsatzsteuergesetz, der in §4 gewisse Ausnahmen festlegt und besagt:
„…die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen privater Schulen und anderer allgemein bildender oder berufsbildender Einrichtungen, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass sie auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten“
Anhand dieser Ausnahme ist man also immer dann umsatzsteuerbefreit, wenn man entweder
- als Dozent für eine Einrichtung tätig ist, die die besagte Bescheinigung nach §4 Nr.21 a) Doppelbuchstabe bb) UStG vorweisen kann oder
- sich selbst diese Bescheinigung zur Umsatzsteuerbefreiung besorgt
Die Bescheinigung erhält man bei der zuständigen Behörde des Bundeslandes oder des Kreises. In den meisten Fällen sind in den entsprechenden Online-Portalen alle Angaben aufgelistet, die für diese Bescheinigung notwendig sind.
Wichtig ist außerdem, dass für die Bescheinigung durchaus hohe Kosten anfallen können, je nach Aufwand auch ein paar hundert EUR.
Ich empfehle daher, diese Investition erst dann zu tätigen, wenn die eigene Selbstständigkeit konstant und erfolgreich ist.
Der Kurzüberblick
Besonders zu Beginn der Musiklehrertätigkeit ist die Kleinunternehmer-Regelung sehr attraktiv, um der Zahlung der Umsatzsteuer zu entgehen.
Ein Jahresumsatz von maximal 17.500€ entspricht allerdings nur einem monatlichen Umsatz von etwa 1450€.
Da der Maximalumsatz im zweiten Jahr 50.000€ beträgt, kann man in den ersten Jahren eine konstante Tätigkeit aufbauen und trotzdem weiterhin von der Umsatzsteuer ausgeschlossen werden.
Zusätzlich kann man sich anhand des §4 Nr.21 a) Doppelbuchstabe bb) die Leistung als Musiklehrer mit einer berufsbildenden Bescheinigung weiterhin von der Umsatzsteuer in Höhe von 19% befreien lassen.
Da freuen sich besonders die Schüler, die eine entsprechende Dienstleistung günstiger in Anspruch nehmen können! In allen anderen Fällen muss das eigene Lehrangebot mit der Umsatzsteuer gegenüber dem Endverbraucher und damit dem Schüler, abgerechnet werden.